01 November 2006

von Weltreisenden...

Der Garchinger Journalist Patrik Stäbler hat im Sommer sein Studium beendet. Nun erfüllt sich der 26-Jährige einen Traum: In sechs Monaten reist er einmal um die Welt. An dieser Stelle berichtet er alle zwei Wochen von seinen Erlebnissen.


Es gibt Wörter, die rufen hierzulande bei fast jedem Gesprächspartner ein aufgesetztes Lächeln und einen neidischen "das will ich auch"-Blick hervor. Lottogewinn und Karibikurlaub etwa, oder sichere Rente, und letzten Sommer noch: WM-Tickets. Mittlerweile weiß ich: Weltreise ist ebenfalls ein solches Wort. "Da beneide ich dich aber", verkündete beispielsweise die Optikerin Mitte 30, während sie neue Kontaktlinsen in meine Augen drückte und ich wie ein Kleinkind weinte. "Geil Mann. Das mache ich auch, wenn ich so alt bin", ließ sogar mein sonst so schweigsamer, kleiner Bruder verlauten und die Steuerberaterin - trotz Jugendfrisur und Make-up sieht man ihr die 60 Jahre mittlerweile an - berichtete in einem Anflug von Melancholie: "Als ich jung war, wollte ich auch auf Weltreise gehen, aber leider hat das nie geklappt." Nebenbei reichte sie mir meine Steuererklärung und, glauben Sie mir, auch hier war ich wieder den Tränen nahe. Doch das ist eine andere Geschichte.
Thailand, Kambodscha, Vietnam, China, Hongkong, Australien, Neuseeland, Chile, Argentinien, Uruguay - so lautet meine Route, welche die Dame im Reisebüro in gefühlten fünf Sekunden fehlerlos herunterratterte. Sechs Monate sind für die knapp 45.000 Kilometer eingeplant. Pro Tag macht das stolze 250 Kilometer oder besser: Mit durchschnittlich 10,42 km/h umrunde ich den Erdball. Das ist etwa doppelt so schnell wie der Sonntagsspaziergang, wenngleich deutlich langsamer als der berühmteste Weltreisende, Phileas Fogg. Der exzentrische Gentleman bringt es in Jules Vernes In 80 Tagen um die Welt auf gut 22 Stundenkilometer. Trotzdem begegnet er auf der Reise seiner zukünftigen Ehefrau, findet Freunde fürs Leben und gewinnt letztlich viel Geld - all das macht mir Hoffnung. Zugegeben, er wird auch überfallen, zum Duell gefordert, gibt unterwegs ein Vermögen aus und landet im Gefängnis - mithin Erlebnisse also, auf die ich verzichten kann. Entsprechend erhoffe ich mir von meiner Reise eigentlich nur Eines: Viele neue Erfahrungen.


(In: Münchner Merkur, 4.11.2006)

1 Comments:

At 5:48 PM, Anonymous Anonym said...

yeah!
nun biste endlich unterwegs und erlebst bestimmt eine wenn nicht die beste zeit deines lebens.

und falls es mit der traumfrau auf reisen nicht klappt, wartet ja wohl noch deine steuerberaterin auf dich.

ich bin schon gespannt wann und wo in bankok sie dich des erste mal abziehen oder sie dir ihre tochter/schwester/frau/tante oder grossmutter andrehen wollen...

"cheap,cheap"

 

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