26 Dezember 2006

Weihnachten - Nachtrag

Ganz am Ende kam tatsächlich Weihnachtsstimmung auf - auch wenn es einige Zeit und mehrere Gläser Bier brauchte. Meinen Heilig Abend startete ich in Hanois katholischer Kirche, wo ich zusammen mit dem Koreaner Yoon, sowie den Münchnerinnen Doreen und Pia (die beiden habe ich in Zentralvietnam kennengelernt und in Hanoi zufällig wiedergetroffen) der vietnamesischer Christmette beiwohnte. Inmitten von glitzernden Tannenbäumen und Kleinkindern im Santa Claus-Kostüm ging es danach zum leckeren Weihnachtsessen, obwohl die Kombination aus Maissuppe, Hühnchen-Curry und Fruchtsalat natürlich nicht mit Mamas heimischem Fondue mithalten konnte. Den Abend beendeten wir schließlich auf den Plastikstühlen eines Straßenkiosks bei einigen Bia Hoi - der vietnamesischen Version von frisch gezapftem Bier (ein Glas kostet 2.000 Dong, rund 10 Cent). Wie jedes Jahr wachte ich am ersten Weihnachtsfeiertag viel zu spät und verkatert auf - diesmal jedoch nicht dank Dotzauers Feuerzangenbowle, sondern durch rauhe Mengen billiges Bier.
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Weihnachtsbier in Hanoi - mit Yoon, Pia, einem Vietnamesen, dessen Namen ich vergessen habe, und Doreen (v.l.)

Ansonsten habe ich es inzwischen nach 36 anstregenden Stunden nach Macao, China geschafft. Die kleine Insel liegt 65 Kilometer westlich von Hongkong und gehörte bis 1999 zu Portugal. Getreu meinem Vorsatz, das Gejammere ob der Reisestrapazen einzustellen, hier nur ganz kurz die wichtigsten Etappen meiner Odyssee von Hanoi nach Macao:
6.00 Aufstehen, packen, frühstücken
7.00 Wie abgemacht warte ich vor dem Hotel auf einen Fahrer des Reisebüros, der mich zum Bahnhof bringen soll. Dort startet um 7.30 ein Bus in Richtung Nanning, China
7.15 Ich werde langsam nervös
7.30 Wutentbrannt stapfe ich zum Reisebüro - es ist geschlossen
8.00 Eine kleine Vietnamesin sperrt auf und reagiert auf meinen Wutanfall mit Demut: "Sorry, sorry, sir..." Es stellt sich heraus: Um 11.30 fährt ein zweiter Bus
11.30 Nachdem ich drei Stunden im Reisebüro totgeschlagen habe, sitze ich nun endlich im Bus nach China. Die Dame im Reisebüro hat versprochen: Um 18 Uhr bin ich in Nanning
18.00 Wir sind da - doch nicht etwa in Nanning, sondern erst an der chinesischen Grenze. Dort begrüßt mich ein alter Chinese: "I love you". Offenbar die einzigen englischen Worte, die er kennt
20.30 Ankunft in Nanning, einer dieser chinesischen Millionenstädte, die niemand kennt
20.45 Panik! Ich hielt es nur für ein Gerücht, doch hier spricht wirklich kein Mensch englisch. Wie soll ich jemals meinen Bus oder ein Hotel finden?
20.50 Eine Frau kommt auf mich zu. "Hello. Can I help you?". Es stellt sich heraus: In füf Minuten fährt ein Nachtbus nach Guangzhou. Ich entscheide spontan, mal wieder eine Nacht im Bus zu verbringen
20.55 Überraschung! Der Bus hat keine Sitze sondern drei Reihen von Etagenbetten. Werde ich diesmal endlich ein bisschen Schlaf bekommen?
23.45 Erste Pause. Ich habe kein Auge zugemacht. Die Betten sind auf Asiaten zugeschnitten und gefühlte 150 x 30 Zentimeter groß
6.30 Gerade bin ich eingenickt, da sind wir auch schon in Guangzhou. Mit Augenringen und nachgebenden Knien steige ich aus dem Bus
6.45 Mit einem wissenden Lächeln klappere ich die Schalter nach einer Person ab, die englisch spricht. Es erinnert mich an früher, als wir im Supermarkt Dutzende von Überraschungseiern geschüttelt haben, um zu hören, ob sie eine Figur enthalten
7.00 Im siebten Ei... äh am x-ten Schalter spricht jemand englisch. Sie erklärt: Vor dem China Hotel fahren Busse nach Hongkong
9.00 Mit einem Linienbus habe ich es tatsächlich bis zum China Hotel geschafft. Ich kaufe ein Ticket und sitze im nächsten Bus. Ziel: Hongkong Downtown
12.00 Problemlos passiere ich die Grenze. Hinter mir liegen 16 Stunden China - aus dem Busfenster
14.00 Der Bus stoppt in Hongkong Downtown und ich erblicke ein Schild "Macao Ferry Pier". Eine Idee kommt auf: Warum nicht gleich nach Macao reisen und danach Hongkong besichtigen?
16.00 Nach einer einstündigen Fahrt im supermodernen Tragflügelboot bin ich tatsächlich auf Macao. Die Bilanz der letzten 24 Stunden in meinem Reisepass: 3 Ausreise- (Vietnam, China, Hongkong) und 3 Einreisestempel (China, Hongkong, Macao)

Über das wundeschöne Macao (soweit ich das nach einem Abend, den ich mit halboffenen Augen erlebt habe, beurteilen kann) und das aufregende Hongkong werde ich in den nächsten Tagen sicher viel zu berichten haben. Doch im Moment will ich nur eines: Schlafen - und zwar in einem Bett, dass sich nicht bewegt...