02 Januar 2007

Kulturschock in Hongkong

Am besten erkläre ich es wohl anhand der öffentlichen Toiletten. In den letzten acht Wochen in Kambodscha und Vietnam bestanden diese meist aus einem durch Holzbretter eingezäunten Loch, über das man sich - ähnlich wie bei Klos an Frankreichs Autobahnen - breitbeinig hockte und mit rotem Kopf versuchte, möglichst genau zu zielen. Unter dem einen Arm klemmten die mitgebrachten Taschentücher und mit der anderen Hand musste man sich die Nase zuhalten, denn ein vietnamesisches Klo gehört zu den Orten, an denen man partout nicht ohnmächtig werden will. In Hongkong dagegen roch es auf den Toiletten fruchtig-frisch nach Desinfektionsspray, das vor jeder Sitzung auf die Brille gesprüht wird. Im Hintergrund lief klassische Musik, der Boden war so sauber, dass man hätte darauf essen können, und das superweiche Klopapier hatte gefühlte acht Lagen. Kurzum, Hongkong ist seinen westlichen Nachbarn runde 50 Jahre voraus - und das nicht nur bei öffentliche Toiletten.
Statt den hygienisch abenteuerlichen Garküchen reihen sich in Hongkong die McDonalds-, 7-Eleven- und Starbucks-Fillialen. Auf die liebsten Hobbys der Vietnamesen - Müll achtlos wegwerfen, Rauchen in der Öffentlichkeit (bzw. in Bussen, Restaurants und sogar in der Kirche), Rotzen und Spucken - stehen hier drastische Geldbußen von mehreren Hundert Dollar. Wo man auf Kambodschas Straßen hauptsächlich Mopeds sowie den ein oder anderen Pferdekarren sieht, drängen sich in Hongkongs Rush-Hour dicke Mercedes, BMWs und Lexus. Und von den gigantischen Wolkenkratzern, dem vorbildlichen Nahverkehr und den unzähligen, riesigen Einkaufszentren fange ich gar nicht erst an.
Sicher habe ich gewusst, dass man ein internationales Finanzzentrum wie Hongkong nicht mit einem Entwicklungsland wie Vietnam vergleichen kann, doch einen solchen Kulturschock hatte ich nicht erwartet. In meinem Backpacker-Outfit aus buntem Souvenir-Shirt und Shorts kam ich mir inmitten der nach den diversen, neuen (und mir unbekannten) Trends gekleideten Einheimischen richtig schäbig vor. Mitleidig schauten die Jugendlichen in der U-Bahn, weil ich als einziger im Zug weder Handy, Playstation noch MP3-Player in der Hand hatte. Und als ich an Hongkongs Avenue of Stars aus Versehen eine Kaugummi-Verpackung fallen ließ, stand sofort eine orange gekleidete Müllfrau vor mir, um mich mit tadelndem Blick über den Sinn von Papierkörben aufzuklären. Zu dem Kultur- gesellte sich angesichts der europäischen Preise zudem ein Preisschock. Der Platz im acht Quadratmeter großen 4-Mann-Schlafsaal kostete beispielsweise doppelt so viel wie so manch geräumiges Hotelzimmer mit TV, Kühlschrank und Bad in Vietnam oder Kambodscha. Und die Tatsache, dass ich gleich mehrmals bei McDonalds speiste, verrät vieles über die Restaurantpreise Hongkongs.
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Hongkong Island - ein Dschungel aus Wolkenkratzern

Trotzdem war Hongkong natürlich einen Besuch Wert, denn die Stadt ist wahrlich aufregend. Zwar hatte ich bereits nach zwei Tagen die meisten touristischen Sehenswürdigkeiten abgehakt, doch einfach nur am Victoria Harbour sitzen und die vorbeieilenden Menschenmassen beobachten - das könnte ich problemlos wochenlang machen. Gleiches gilt übrigens für Spaziergänge durch die Innenstadt von Macao, einer bis 1999 portugiesischen Insel, auf der ich vor meinem Hongkong-Aufenthalt zwei äußerst angenehme Tage verbrachte. Der Mix aus chinesischer und portugiesischer Architektur, Kultur und nicht zuletzt der Küche macht das Eiland zu einem einmaligen und faszinierenden Ort - noch, muss man wohl sagen. Denn nachdem die Insel ans Mutterland zurückgegeben wurde, versucht China daraus eine asiatische Version von Las Vegas zu machen, samt riesiger Nobelhotels (MGM, Wynn), Kasinos und einem neu entstehenden Vergnügungspark à la Disneyland.
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Chinesisch und Portugiesisch - die beiden Amtssprachen Macaos

Mittlerweile liegen Macao, Hongkong, neun Wochen Asien und das Jahr 2006 jedoch hinter mir. Es ist der 2. Januar 2007 und ich sitze am Flughafen von Hongkong (auf einer Insel und natürlich supermodern) und warte auf meinen Flieger nach Perth, Australien. Noch bleiben mir etwa zwei Stunden, in denen ich neben Kaffee trinken, Mails schreiben und lesen eigentlich nur eines fest eingeplant habe: Noch einmal in Hongkong aufs Klo gehen...

Hier findet Ihr mehr Fotos von Macao und Hongkong.

2 Comments:

At 2:00 PM, Anonymous Anonym said...

Hey Patrik,

happy new year, hombré!!!!! Du dürftest jetzt noch im Flieger sein wenn diese Zeilen dich erreichen. Ich hoffe du hast fantastisch gefeiert und den Jahreswechsel genossen.
Viel viel Spass bei den Aussies.

Grüsse Stan

 
At 6:06 PM, Anonymous Anonym said...

hey there hi there ho there,

auch ich wünsch dir (leider mit etwas verspätung) ein

Happy New Year!!!

ich schliess mich da stan an und bin mir sicher dass du gut rübergerutscht bist.
Das Abenteuer Asien hast du ja prächtig gemeistert und schon steht ein neues, wenn auch komplett anderes Abenteuer mit A an.

ich hoffe du hast dich im Outland gut auf die kulinarischen Besondereiten vorbereitet ;).

hau rein und vergiss nicht dich gut einzucremen (sunblocker 50 ist der gewinner)

dozy

p.s. neu auf meiner to-do liste: einmal Kacken in Hongkong

 

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