19 März 2007

Schwere Beine in Santiago

Ich weiß nicht, wer von euch ab und zu mal in den Kommentaren zu den Enträgen schmökert, doch in meinem letzten kurzen Beitrag habe ich die Besteigung des Cerro Campana nahe Santiago mit folgenden Worten bedacht: "Die eigentliche Schwierigkeit dürfte erst nach dem Abstieg anstehen: Wieder heil zurück nach Santiago kommen." An jenen Satz musste ich denken, als ich heute Nachmittag die letzten Schritte in Richtung Gipfel tat. Eigentlich war mir nach einem zynischen Lächeln zumute, doch da ich vollends mit keuchen, japsen und bewusst einen Fuß vor den anderen setzten beschäftigt war, blieb es leider bei einer speichelumrandeten Fratze a la Skilangläufer. Aus dem Reiseführer weiß ich: Sieben Kilometer von 350 auf 1850 Meter bei einer durchschnittlichen Steigung von 20 Prozent. Leider konnte ich mir darunter nicht viel vorstellen. Wo ist mein Bruder Dirk, wenn man ihn braucht? Er hätte mir sicher eine Formel erklärt, mit der man den Höhenunterschied, meinen Schweiß in Litern und die verbrauchten Kalorien berechnen kann. Und auf meinen naiv-fragenden Blick hätte er hinzugefügt: "Für mich wäre das kein Problem, aber du wirst halbtot auf dem Berg ankommen." Und zumindest mit Letzterem hatte er Recht. Was habe ich nur in den letzten viereinhalb Monaten getrieben, dass meine einst doch passable Kondition derart gelitten hat?

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Blick vom Gipfel des Cerro Campana

Doch wie dem auch sei - nachdem die schwarze Wand vor meinen Augen gewichen war, entschädigte der fantastische Ausblick vom Campana für so einiges. Auf der einen Seite präsentierten sich die mächtigen Anden mit Südamerikas höchstem Berg, dem Aconcagua (6.962 Meter) im Zentrum. Auf der anderen Seiten lag ein strahlend weißer Teppich von Wolken unter mir und am Horizont konnte man den Pazifischen Ozean erspähen. Irgendwo war das Ganze dann doch die sechs Stunden lange Tortur wert. Ach ja: Die Sache mit dem Hin- und Zurückkommen lief übrigens absolut problemlos.
Ansonsten gefällt mir Chile bisher außerordentlich gut - sogar die von anderen Backpackern so geschmähte Stadt Santiago finde ich durchaus besuchenswert. Alte Gebäude, wunderschöne Kirchen, unzählige Restaurants und Bars, Fußgängerzonen und jede Menge nette Leute: Hier könnte ich es durchaus noch etwas länger aushalten.

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Plaza de Armas im Herzen Santiagos

Doch bereits morgen heißt es für mich weiterziehen nach Talca, wo - sofern der jetzt schon sich abzeichnende Muskelkater nicht zu krass ausfällt - erneut Tageswanderungen in zwei Nationalparks anstehen. Denn seit gestern stehe ich unter dem Zeitdruck, bis zum 2. April in Puerto Montt zu sein. Für diesen Tag habe ich mir nämlich ein Ticket gekauft, das einen lang gehegten Kindheitstraum erfüllen soll. Was das ist, wird an dieser Stelle noch nicht verraten. Nur ein Stichwort als kleinen Hinweis kann ich mir nicht verkneifen: Navimag Magellanes.