09 April 2007

Schiff Ahoi

Vor einer halben Stunde stand ich am Schalter von Navimag in Puerto Montt. Mit dem Wörterbuch in der Hand versuchte ich der netten Dame mit meinen verzweifelten Spanisch-Brocken zu erklären, dass ich doch gerne für die Fähre nach Puerto Natales einchecken würde. Während mir ob der Anstrengung - leider nicht wegen der Hitze, denn es ist kalt! - der Schweiß von der Stirn lief, lächelte sie freundlich und antwortete in einem Schwall von spanischen Sätzen. Doch das Wichtigste hatte ich verstanden: "Rucksack um die Ecke abgeben" und "spätestens um zwei Uhr wieder hier sein". Stolz grinste ich sie an und wollte gerade ein "Bueno, muchas gracias" in ihre Richung werfen, da beschloss die Dame ihrem Monolog mit den Worten: "You can check in your backpack around the corner. And please be here by two o´clock." Ihr Englisch war makellos.
Doch was soll´s? Nun geht es also endlich los: Vier Tage lang mit der Fähre von Puerto Montt durch die Fjorde Patagoniens nach Puerto Natales (siehe Karte). Und ich bin aufgeregt. Eigentlich wollte ich ja von den letzten Tagen in Puerto Varas berichten. Dem gemütlichen Hostel unter französischer Leitung. Meinem Ausflug nach Frutillar, jenem pittoresken Städtchen, das wie kein Zweites die Einflüsse deutscher Einwanderer bewahrt hat. Und dem Wanderausflug rund um den mächtigen Vulkan Osorno, wo ich mich zusammen mit Thomas (Frankreich) verirrt habe und wir stundenlang durch erkaltete Lava-Felder kletterten. Davon wollte ich berichten. Doch ich bin zu aufgeregt.

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Heimatliche Gefühle in Frutillar

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Vulkan Osorno nahe Puerto Varas

In weniger als vier Stunden geht es also endlich los und ich bin nicht nur aufgeregt, sondern auch gespannt. In den letzten Wochen habe ich mehrere Backpacker getroffen, die mit der gleichen Fähre von Süden nach Norden gereist sind. Manche waren begeistert und schwärmten von engen Fjorden, Gletschern und Eisbergen sowie Pinguinen, Walen, Delfinen und Seelöwen, die sie von Bord aus beobachten konnten. Andere berichteten dagegen von kaltnassem Wetter, schlechter Sicht und vier Tagen im engen, stickigen Gemeinschaftsraum während die Hälfte der Passagiere mit Seekrankheit und Übelkeit kämpfte. Von beiden Seiten fielen Stichworte wie winzige Kabinen, Bingo-Abende und literweise billiger Rotwein. Viel scheint auf das Wetter anzukommen, was mir Hoffnung machte, da es die letzten Tage strahlend sonnig war. Doch pünktlich zu meiner Abfahrt heute sind Wolken aufgezogen. Im Moment nieselt es draußen bei frostigen 11 Grad. Doch ich will nicht jammern, denn egal was mich auf der Fähre auch erwartet, eines ist sicher: Es wird interessant.