15 Juni 2007

Ein Fazit

Der Garchinger Journalist Patrik Stäbler ist in den letzten sieben Monaten einmal um die Welt gereist. An dieser Stelle hat er alle zwei Wochen von seinen Erlebnissen berichtet. Mittlerweile ist der 27-Jährige wieder in Garching und blickt ein letztes Mal zurück.

Garching (ps) – Auf meiner Weltreise lief nicht immer alles rund. In Vietnam musste ich etwa voller Entsetzen zusehen, wie die Fähre zur Insel Phu Quoc zwar mit meinem Rucksack, aber ohne mich in See stach, während ich an Land verzweifelt versuchte dem Bootsbesitzer seine horrenden Geldforderungen auszureden. In Australien brach unser Bus mitten im menschenleeren Outback mit einem Motorschaden zusammen, so dass wir stundenlang vergeblich bei 45 Grad im Schatten auf Hilfe warteten – es war übrigens mein Geburtstag. Und in Südamerika habe ich mich in einem Nationalpark dermaßen verlaufen, dass ich bereits mit einer Nacht unter freiem Himmel rechnete. Doch all diese Situationen habe ich heil überstanden: Das vietnamesische Boot drehte um und nahm mich an Bord, der australische Bus sprang zur allgemeinen Verwunderung wieder an und im chilenischen Nationalpark lief ich zufällig zwei Wanderern in die Arme, die mir nach Stunden des Unherirrens den richtigen Weg wiesen. Auf eine ausweglose Situation traf ich erst nach meiner Rückkehr. Denn kaum hatte ich wieder deutschen Boden unter den Füßen, bombardierten mich Familie und Freunde mit einer Frage: „Und, wie war’s?“

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Unvergesslich: Sonnenuntergang in Coral Bay

Schön? Lehrreich? Aufregend? Eine gute Antwort darauf ist in etwa so leicht zu finden wie Weißbier in Kambodscha. Um Gesprächspartner nicht vor den Kopf zu stoßen, murmelte ich etwas von „eine tolle Erfahrung“ und „viele nette Leute getroffen“. Doch schon bei diesen Worten fühlte ich mich schlecht, schließlich könnte ich zu jedem der von mir bereisten Länder stundenlang berichten und selbst dann wäre es wohl unmöglich, all die Erlebnisse und Eindrücke zu vermitteln. Oder wie bitte soll ich Zuhörern meine Gefühle beschreiben, als mich die bettelarme vietnamesische Familie spontan zum Essen einlud – obwohl wir uns keine fünf Minuten kannten und aufgrund der Sprachbarriere lediglich anschwiegen und angrinsten. Oder den Geschmack jenes Biers am Strand von Coral Bay in Australien, während die Sonne glitzernd im Indischen Ozean versank und ich das Naturschauspiel mit zehn anderen Reisenden aus acht verschiedenen Ländern bewunderte? Ganz abgesehen von Touristenattraktionen und schillernden Metropolen sind es Momente wie diese, die mir als erstes durch den Kopf gehen, wenn ich nach meiner Reise gefragt werde. So kann ich nach sieben Monaten, drei Kontinenten und elf Ländern eigentlich nur eines sicher sagen: Zwar bin ich heute um einige Tausend Euro ärmer, dafür aber um einige Erfahrungen reicher.

In Münchner Merkur: 16/17. Juni 2007